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  • Politik
  • John Malkovich spielt sich selbst

Nicht ohne alle Hüllen

  • Caroline M. Bück
  • Lesedauer: 3 Min.

An Selbstironie mangelt es John Malkovich auch im wirklichen Leben nicht. Auf die Frage, ob es Über windung kostete, die eigene Person als Rolle zu spielen, räumt er anfängliche Zweifel ein: «Aber nicht wegen eines möglichen Verlusts an Würde. Mich beschäftigte eher die Frage, ob jemand anderes als der Trottel vielleicht überzeugender wirken würde. Das schienen die anderen aber nicht zu finden, so habe ich die Rolle selbst übernommen.»

Als er vor fünf Jahren das Drehbuch zugesandt bekam - «ich war für ein paar Tage zum Drehen in L.A. und die Flüge waren mal wieder so verspätet, dass ich Zeit hatte, alle Drehbücher zu lesen, die so rumlagen» - fiel ihm der Ernst der Sache nicht gleich auf. «Ich hielt den Titel für eine gute Pointe - bis mir beim Weiterlesen aufging, dass es sich eher um einen Witz von 110 Seiten Länge handelte. Das Buch ist enorm gut geschrieben. Natürlich hatte ich trotzdem gehofft, dass es nie verfilmt werden würde», sagt er mit kokettem Lächeln.

Vergebliche Hoffnung, auch wenn Regisseur Spike Jonze ohne die Kooperation seines Titelhelden kaum hätte drehen können. Malkovich dazu: «Zuerst hatte ich mit dem Gedanken gespielt, den Film selbst zu inszenieren, statt mich zu spielen. So spannend finde ich mich nämlich nicht als Figur. John Malkovich zu sein ist viel weniger spaßig als Sie vielleicht glauben. Wenn ich plötzlich wie im Film von lauter Personen umgeben wäre, die auch ich sind, würde ich schreiend wegrennen.»

Charlie Kaufman, den Oscar-nominier ten Drehbuchautor, kannte Malkovich vor den Besprechungen zum Film nicht, «obwohl ich bei manchen Details im Buch das Gefühl hatte, der muss mich heimlich beobachtet haben. Er ist so jemand, der gleich auf einen zugeht und sich als Fan outet. Das brauchte er mir aber nicht mehr zu sagen, ich hatte schließlich sein Drehbuch gelesen.»

Der Regisseur Spike Jonez war vor diesem Debütfilm Insidern als Autor preisgekrönter Werbekampagnen für Konzerne wie Coca Cola bekannt. Musikfans ist er ein Name dank seiner Videoclips für die Band REM und für Sänger von Puff Daddy bis Bjork. Auch für Jonez hat Malkovich nur leisen Spott übrig: «Ich habe erst nach mehreren Treffen begriffen, dass er tatsächlich Amerikaner ist. Seine Englischkenntnisse schienen irgendwie... Wenn er was nicht gut fand, sagte er immer: klingt gut. Wenn er etwas richtig gut fand, sagte er- klingt unglaublich. Und wenn er's überhaupt nicht mochte, nannte er es beinhart.»

Natürlich entspricht die Figur Malkovich im Film dem realen Schauspieler nur bedingt. Der lebt gar nicht in New York, «aber ein paar von den Fotos an den Wänden stammen von meiner Mutter. Das mit meiner High School-Freundin Paula Holmes zum Beispiel. Sehr viele Fotos von mir gibt es gar nicht - wahrscheinlich haben sie zu Hause noch nicht bemerkt, dass ich Schauspieler geworden bin.»

Zwar finden sich die Kunden des Puppenspielers für ihr Geld in Malkovichs Körper wieder, was zu komischen Verwir rungen auch in erotischen Situationen führt, aber hüllenlos ließ der Star sich trotzdem nicht ablichten: «Auf Nacktszenen haben wir im Interesse der öffentlichen Sicherheit ganz bewusst verzichtet.»

Malkovich selber hat keine Ambitionen, in der Realität jemand anderes zu sein. «Mein Kopf kommt mir schrecklich ungeordnet vor, aber wahrscheinlich ist er immer noch besser als andere.» Einzige Ausnahme: «Im Kopf meiner Kinder wür de ich manchmal gerne stecken». Die haben inzwischen aus dem Film ein Spottlied übernommen und singen es ihm beim Abendessen vor.

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